Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) hat mit Erschrecken die am 31.08.2022 von Digitalminister Volker Wissing vorgelegte, so genannte Digitalstrategie der Bundesregierung zur Kenntnis genommen. Diese beschränkt sich darauf die im rot-grün-gelben Koalitionsvertrag verstreuten Absichtsbekundungen zu wiederholen und macht hierzu gar einige wesentliche Abstriche.
Erschreckt ist die DVD über das, was in der Digitalstrategie nicht enthalten ist: Zwar werden Grundrechte und Datenschutz floskelhaft immer wieder erwähnt, doch von einer „Strategie“ eines digitalen Grundrechtsschutzes ist nichts zu erkennen, ebenso wenig, dass hieran in der neuen Bundesregierung gearbeitet wird.
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So wird etwa ein Beschäftigtendatenschutzgesetz angekündigt, ja es wird der Eindruck erweckt, das läge schon vor, tatsächlich aber ist das Projekt auf unbefristete Zeit verschoben. Das im Koalitionsvertrag angekündigte Forschungsdatengesetz wird ersetzt durch „Datenzugangsrechte für die Forschung (Forschungsklauseln)“, was den gesetzlichen Flickenteppich vergrößern würde und die Forschungsprivilegierung der Datenschutz-Grundverordnung, die einher gehen muss mit Schutzgarantien, ignoriert. Es wird von einem „gemeinsamen Datenhaus“ einer „digitalen Polizei“ schwadroniert, ohne die seit Jahren überfälligen, vom Bundesverfassungsgericht geforderten Schutzmaßnahmen auch nur zu erwähnen, geschweige die im Koalitionsvertrag angekündigte „Überwachungsgesamtrechnung“.
Von der „Zeitenwende“, in der sich die globale Digitalpolitik befindet, ist keine Rede, sondern inhaltslos von einer „digitalen Außenpolitik“: Dass der europäische digitale Grundrechtsschutz mit dem US-amerikanischen ungehinderten Ausbeuten von Kundendaten, den aus Russland kommenden Hackerattacken und der expansiv betriebenen chinesischen Überwachungspolitik vor einer gewaltigen Herausforderung steht, dem strategisch von der europäischen Politik entgegengewirkt werden muss, ist der „Strategie“ keine Erwähnung wert.
DVD-Vorsitzender Frank Spaeing: „So richtig es sein mag, dass angesichts der vielfältigen Krisen und Bedrohungen für das Klima, für den Frieden und die Energieversorgung von der Bundesregierung gerade andere politische Schwerpunkte gesetzt werden, so wenig dürfen die Ministerialverwaltung und die digitalen Fachpolitiker ihre Hausaufgaben vernachlässigen. Das, was Herr Wissing hier vorgelegt hat, lässt nicht im Ansatz erkennen, dass die Regierung mit ihren Hausaufgaben begonnen hat. Es besteht die Gefahr, dass der Stillstand der Merkel-Regierungen bei der werteorientierten Digitalpolitik unter Rot-Grün-Gelb nahtlos fortgesetzt wird.“ Thilo Weichert vom DVD-Vorstand ergänzt: „Folgenlose Ankündigungspolitik haben wir lange genug gehabt. In Wissenschaft, Zivilgesellschaft und in der Wirtschaft besteht das Fachwissen und das strategische Denken, das von der Politik endlich abgerufen werden und zu Umsetzungsaktivitäten führen muss.“