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DVD: Sachsen-Anhalt Datenschutz-Entwicklungsland!?

Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) zeigt sich schockiert darüber, dass nach zwei vergeblichen Versuchen am 08. März auch beim dritten Wahlgang am 24. Mai 2018 sich der Landtag von Sachsen-Anhalt als unfähig erwies, einen neuen Landesbeauftragten für den Datenschutz zu wählen. Der Kandidat, der 49jährige Nils Leopold, wurde von der Grünen vorgeschlagen. Er erhielt 48 der 83 Stimmen des Landtags und verpasste damit auch im dritten Wahlgang um acht Stimmen die gesetzlich geforderte Zweidrittelmehrheit. Zuvor hatten sich außer den Regierungsfraktionen CDU, SPD und Grüne auch die Linken öffentlich zu Leopold bekannt, dessen fachliche Qualifikation von niemandem in Frage gestellt wurde. Selbst die AfD hatte ihren Abgeordneten die Wahl freigestellt.
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Die Nichtwahl von Leopold erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der bisherige Landesbeauftragte schon mehr als ein Jahr kommissarisch das Amt fortführen musste. Ein Umsetzungsgesetz des Landes für die Datenschutzgrundverordnung, die seit dem Tag nach der Nichtwahl auch in diesem Bundesland direkt anwendbar ist, ist bisher (bis auf eine kleinere Änderung des Landesdatenschutzgesetzes bezogen auf die Datenschutzaufsichtsbehörde vom 06.05.2018) noch kein Thema im Landesparlament.

Der DVD-Vorsitzende Frank Spaeing kommentierte: „Das Trauerspiel um die Nichtwahl Leopolds zeigt ein weiteres Mal, welchen Stellenwert der Datenschutz für die Politik gemeinhin hat. Es ist nicht das erste Mal, dass ganz offensichtlich fachfremde Erwägungen den Ausschlag bei der Wahl für diese Funktion geben, dass Abgeordnete ihren Frust über eine schwierige Koalitionspolitik auf diese feige Art und zum Schaden des Datenschutzes zum Ausdruck bringen. Zwar redet alle Welt von der nötigen Digitalisierung; eine verantwortungsvolle Wahrnehmung dieser Gestaltungsaufgabe wird aber verweigert.“

Sein Stellvertreter Werner Hülsmann ergänzt: „Wenn das Land nicht jeden Kredit in Sachen digitaler Grundrechtsschutz verspielen möchte, sollte der Landtag in einer Schnellgesetzgebung die einfache Mehrheit für die Wahl des Datenschutzbeauftragten für ausreichend erklären und dann einen kompetenten Kandidaten oder eine solche Kandidatin wählen. Es ist absurd, dass für die Wahl des Ministerpräsidenten die einfache Mehrheit genügt, für die Wahl des weniger einflussreichen Chefs der Datenschutzaufsicht dagegen eine qualifizierte Zweidrittelmehrheit. Außer Sachsen-Anhalt kennt nur noch Niedersachsen dieses hohe Quorum, das auch dort zu massiven Zeitverzögerungen bei der Wahl für diese wichtige Kontrollfunktion führte.“