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Deutsche Vereinigung für Datenschutz warnt vor Totalüberwachung durch Verschärfung des bayerischen Polizeirechts

Im Bayerischen Landtag steht derzeit ein Entwurf für das Polizeiaufgabengesetz (PAG) zur Diskussion, der die schlimmsten Befürchtungen von Bürgerrechtlern übertrifft. Darin wird die Ausweitung polizeilicher Befugnisse zur Erhebung personenbezogener Informationen in einem Maße vorangetrieben, das nach Ansicht der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten absoluten Grenzen einer „flächendeckenden vorsorglichen“ Überwachung überschreitet.
Pressemitteilung als PDF-DateiGutachten der DVD

In einer juristischen Stellungnahme (Gutachten) stellt die DVD fest, dass die bewährten rechtlichen Grundlagen des bestehenden deutschen Polizeirechts schon dadurch verlassen werden, dass bei einer Vielzahl von Befugnissen nicht mehr eine konkrete Gefahr gefordert wird, sondern eine drohende Gefahr genügt, also eine Situation, in der nach polizeilicher Bewertung eine Gefahr entstehen könnte. Erfasst werden nicht nur Störer und unvermeidbar betroffene Dritte, sondern auch solche Personen, die „mutmaßlich“ mit diesen in Verbindung stehen.

DVD-Vorstandsmitglied Thilo Weichert: „Künftig benötigt die Polizei nicht mehr Fakten; es genügen Mutmaßungen. Verdächtigungen und Spekulationen sollen also künftig das polizeiliche Handeln leiten können.“ Damit einher gehen Eingriffsbefugnisse, die unterschiedslos viele Menschen betreffen wie z. B. die Videoüberwachung. Dabei wird nicht nur auf klassische Kameratechnik zurückgegriffen; möglich sein soll auch der Einsatz von Drohnen oder von so genannter Musterkennung. Thilo Weichert: „Die Regelung zur Mustererkennung ermöglicht es der Polizei, technisch Menschen aus einer Menschenmenge als verdächtig herauszufischen, nur weil sie als verdächtig programmierte Eigenschaften haben. Damit wird der digitalisierten Willkür und der Diskriminierung von Minderheiten die Tür geöffnet. Dies trifft auch für die Erstellung sog. genetischer Phantombilder zu. Diese Techniken befinden sich noch in einem Entwicklungsstadium, das mehr Fehler  als polizeiliche Hilfe produziert.“

Werner Hülsmann, stellvertretender DVD-Vorsitzender: „Lägen der CSU-Mehrheit unser Grundgesetz und insbesondere unsere Grundrechte am Herzen, so dürfte dieses Gesetz nicht verabschiedet werden. Der bisherige Ablauf der Gesetzgebung – übereilt und ohne inhaltliche öffentliche Diskussion – lässt das Schlimmste befürchten. Das Gesetz gehört in vielen Einzelteilen und in seiner Gesamtheit auf den rechtlichen Prüfstand, um Schlimmes in der Zukunft zu verhindern.“