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DVD für datenschutzgerechtes Melderecht

Bundesrat muss Melderecht schärfen: Forderungen zum Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens
Die Bundesländer müssen sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Weitergabe von Adressdaten nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Bürger/innen möglich ist („Opt-In“). Um dies wirksam zu gewährleisten, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Melderegisterauskünfte ohne rechtliches Interesse dürfen nur auf Grundlage einer Einwilligung des Betroffenen erteilt werden.
  2. Einwilligungen sind gegenüber der Meldebehörde (als verantwortliche Stelle gemäß § 4a Abs. 1 BDSG) zu erteilen. Sie können auch nur dort widerrufen werden.
  3. Die Zweckbindung für Melderegisterauskünfte ist zu stärken.

Außerdem stellen FoeBuD und DVD zwei weitere Forderungen auf.
Pressemitteilung als PDF-Datei (Teil 1)Weitere Forderungen als PDF-Datei (Teil 2)Mehr Informationen zur Kampagne

Begründung

Zu 1: Melderegisterauskünfte ohne rechtliches Interesse dürfen nur auf Grundlage
einer Einwilligung des Betroffenen erteilt werden.
Da Bürgerinnen und Bürger verpflichtet sind, ihre Daten bei Meldebehörden anzugeben, müssen diese Daten auch einen besonders hohen Schutz genießen. Der Wunsch nach Nutzung von Meldedaten außerhalb des eigentlichen Registerzwecks muss insofern hinter dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zurücktreten. Sonstige Auskünfte dürfen ohne Einwilligung nur erteilt werden, wenn ein nachweislich rechtliches Interesse besteht.

Zu 2: Einwilligungen sind gegenüber der Meldebehörde (als verantwortliche Stelle gemäß § 4a Abs. 1 BDSG) zu erteilen. Sie können auch nur dort widerrufen werden.
Die Ausschussempfehlungen sehen vor, dass die Einwilligung zur Datenübermittlung durch die Unternehmen eingeholt werden soll und der Meldebehörde lediglich „auf Verlangen“ vorgelegt werden muss. An eine Einwilligung gemäß § 4a Bundesdatenschutzgesetz sind aber besondere Bedingungen geknüpft (Freiwilligkeit, Widerrufbarkeit etc.), die nur eingehalten werden können, wenn die verantwortliche Stelle die Einwilligungen verwaltet. Die verantwortliche Stelle für das Melderegister ist die zuständige Meldebehörde. Diese muss für die Zulässigkeit der Übermittlung sorgen und diese im Bedarfsfall auch belegen können (z.B. gegenüber dem Betroffenen oder der Datenschutzaufsicht).

Die Erfahrung zeigt, dass die wirtschaftlichen Interessen werbetreibender Unternehmen schon heute dazu führen, dass „Einwilligungen“ häufig weder wirklich freiwillig noch, wie im BDSG gefordert, mit der nötigen Unterrichtung erfragt werden. Vorformulierte, beispielsweise bei Gewinnspielteilnahmen angekreuzte Einwilligungserklärungen dürfen aber nicht als Rechtfertigung für Melderegisteranfragen dienen. Dies zu überprüfen ist für die Meldebehörde jedoch schon aufgrund der Menge schlicht nicht möglich. Es besteht daher die Gefahr, dass die Meldebehörden im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Einwilligungen die Adressdaten der Bürger ohne Prüfung herausgeben würden.

Zudem besteht kaum eine Möglichkeit, Fälle vorsätzlicher Täuschung (das Vorliegen einer Einwilligung wird behauptet, obwohl diese nicht vorliegt) aufzudecken. Neben der bereits erwähnten Überforderung der Meldebehörde hat auch der Betroffene keine Korrekturmöglichkeit – wird er doch in der Regel von der auf Grundlage einer gefälschten Einwilligung erfolgten Abfrage in der Regel gar nichts erfahren.

Schließlich ist eine wirksame Einwilligung untrennbar mit dem Recht auf die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit verbunden. Würden die Einwilligungen für Melderegisterabfragen jedoch gegenüber den anfragenden Unternehmen erteilt, müsste ein Betroffener, der von seinem Recht auf Widerruf der Meldeabfrage Gebrauch machen wollte, bei allen Unternehmen widerrufen, denen er jemals eine Einwilligung erteilt hat. Das ist vollkommen praxisfremd und unangemessen und höhlt das Recht auf Widerruf einmal erteilter Einwilligungen völlig aus.

Die dargestellten Gefährdungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts können insgesamt nur dadurch verhindert werden, dass die Einwilligung, systematisch korrekt, gegenüber der Meldebehörde erklärt werden muss.

Zu 3: Die Zweckbindung für Melderegisterauskünfte ist zu stärken.
Zweck einer Melderegisterauskunft darf ausschließlich ein konkreter, eine einmalige Verarbeitung erfordernder Abgleich sein. Nach Erfüllung des Übermittlungszwecks müssen die Daten beim anfragenden Unternehmen gelöscht werden und dürfen nicht weiterverwendet werden. Insbesondere dürfen sie nicht zur gewerblichen Adressermittlung wiederverwendet werden, wie dies beispielsweise beim so genannten Adresspooling geschieht. Hierbei handelt es sich um eine Form der Vorratsdatenspeicherung, bei der die Melderegisterauskunft von einem Unternehmen eingeholt wird und die Informationen anschließend in einem Datenpool abgelegt werden, der mit anderen Unternehmen geteilt wird.

Das Bündnis wird getragen vom Kampagnennetzwerk Campact, dem Verbraucherzentrale Bundesverband, dem Datenschutz-Bürgerrechtsverein FoeBuD und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz. Den Online-Appell der Kampagne haben inzwischen mehr als 196.000 Menschen unterzeichnet.

Hotelmeldepflicht und Vermieterbescheinigung streichen!

FoeBuD und DVD fordern zusätzlich, dass die Bundesländer im Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens folgende zwei Punkte nachbessern:

4. Die Hotelmeldepflicht ist ersatzlos zu streichen.
Die Zweckmäßigkeit einer Meldepflicht in Hotels erscheint insgesamt fraglich. Es ist unwahrscheinlich, dass eine Aufenthaltskontrolle bei Hotelübernachtungen irgendeinen Nutzen haben könnte, der die empfindliche Einschränkung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Hotelgäste rechtfertigen würde. Für inländische Hotelgäste besonders unsinnig: Zum Glück darf man sich unbeobachtet zu einem Besuch bei den Eltern einfinden, sofern man bei ihnen unterkommt; warum muss man diesen Besuch jedoch den Behörden offenbaren, wenn die Eltern einen mangels Platz im Hotel unterbringen? Das ist kaum zu vermitteln und alles andere als verhältnismäßig.

5. Die Vermieterbescheinigung ist ersatzlos zu streichen
Die Annahme, dass ein Vermieter seriöser als ein Mieter die Richtigkeit von Meldeangaben bescheinigen könne, offenbart ein veraltetes, obrigkeitsstaatliches Denken. Nicht ohne Grund wurde dieses von Misstrauen gegenüber Meldepflichtigen geprägte Verfahren vor einigen Jahren endlich abgeschafft. Die geplante Wiedereinführung ist daher vollkommen unverständlich und sollte unterbleiben.