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Schnüffelchips im Warenkorb: PR-Offensive statt konstruktiver Dialog

Gemeinsame Presseerklärung des FoeBuD e.V. und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD) e.V.
Schnüffelchips: RFID-Industrie setzt auf PR-Offensive statt auf konstruktiven Dialog

Am Donnerstag, den 19. Januar 2006, findet in den Räumen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eine Lobby-Veranstaltung der RFID-Industrie statt. Veranstalter ist das „RFID-Informationsforum“, ein Zusammenschluss von Handel und Industrie. Durchgeführt wird sie von Pleon, einem der marktführenden PR-Unternehmen in Deutschland. Geladen sind ausschließlich Vertreter von Politik, Verbänden und Medien. KritikerInnen des RFID-Einsatzes – wie Datenschützer und Bürgerrechtler – sowie besorgte BürgerInnen bleiben außen vor. „Mit immensem Kostenaufwand versucht die RFID-Industrie die Einführung dieser Kontroll- und Überwachungstechnik durchzudrücken. Gesprächsangebote wie das Expertenforum zu RFID beim Bundeswirtschaftsministerium werden dagegen von Industrie und Handel blockiert – Kritik soll offenbar mit PR erstickt werden“, bewertet Rena Tangens vom FoeBuD die Aktivität der RFID-Lobbyisten.
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Die Bundesregierung hatte seit Sommer 2004 Handel, Datenschützer und Verbraucherschützer zu mehreren Treffen eines Expertenforums geladen, um gemeinsam die Rahmenbedingungen der Nutzung von RFID in Konsumgütern auszuloten. Für die DVD meint ihr Vorstandsvorsitzender Sönke Hilbrans: „Die Verbreitung von RFID in Konsumgütern als elektronischer Produktcode (der sogenannte epc) birgt erhebliche Datenschutzprobleme, die für die BürgerInnen nicht beherrschbar sind. Trotz intensiver Diskussionen im Expertenforum des Bundeswirtschaftsministeriums weigert sich die RFID-Lobby bis heute, anzuerkennen, dass RFID-Kennungen in Konsumgütern personenbezogene Daten sind. Wir fragen uns, ob die Industrie an einer Einigung mit Daten- und Verbraucherschützern überhaupt noch interessiert ist.“

Auch Rena Tangens vom FoeBuD ist unzufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Gespräche: „Von Seiten der Industrie gibt es bisher noch nicht einmal eine ernstzunehmende Selbstverpflichtungserklärung zum Verbraucherschutz. Bei jedem Arbeitstreffen gibt es nur immer wieder aufgewärmte unverbindliche Absichtserklärungen. Offensichtlich nutzt die Industrie die Konsultationen nur, um Zeit zu gewinnen, inzwischen Politiker durch bezahlte Lobbyisten zu beeinflussen und durch RFID-Einsatz Fakten zu schaffen. Mit dieser Hinhaltetaktik versucht die RFID-Lobby zu verhindern, dass wirksame gesetzliche Regelungen für die RFID-Nutzung zum Schutz der Bürger erlassen werden. Wir lassen uns das nicht länger bieten.“

Auch für den Fall eines Ausstiegs aus den Konsultationen der Bundesregierung ist für die Bürgerrechtler die Frage der RFID-Chips nach wie vor aktuell: „Wir werden dann die gewonnene Zeit für mehr Öffentlichkeitsarbeit, Verbraucheraufklärung, Proteste und Demonstrationen nutzen“, so Tangens. „Für einen konstruktiven Austausch sind wir aber nach wie vor offen.“

Hintergrund:
RFID (Radio Frequency IDentification) sind winzige Chips mit Antenne, die eine weltweit eindeutige Seriennummer enthalten und ohne Sichtkontakt aus einiger Entfernung und unbemerkt per Funk ausgelesen werden können. RFID-Chips sollen nach dem Willen von Handel und Industrie in Zukunft u.a. die Strichcodes auf den Waren ersetzen. Anders als beim Strichcode, der das Produkt nur der Art nach bezeichnet, ist mit RFID jedes einzelne Hemd und jede einzelne Packung Frischkäse über die weltweit eindeutige Seriennummer identifizierbar und kann damit Personen zugeordnet werden. RFID-Chips bringen eine neue Dimension des Datensammelns, der Überwachung und Manipulation. RFID-Chips betreffen Menschen deshalb nicht nur in ihrer Eigenschaft als Verbraucher, sondern sie können zu einer Gefahr für Bürgerrechte und Demokratie werden.