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Datenschutz abgehängt? DVD fordert Nachbesserungen auf dem Weg in die “Globale Informationsgesellschaft”

Vom 10. bis 12. Dezember 2003 wird in Genf die erste Phase des World Summit on the Information Society (WSIS) stattfinden, welcher unter dem Dach der UNO einen Konsens über den Weg in die globale Informationsgesellschaft erzielen soll. Die Agenda ist anspruchvoll: Das zukünftige Management des Internet, freier Zugang zu Information und Informationstechnologie, aktiver Abbau von Diskriminierungen, Gendermainstreaming, Förderung benachteiligter Gruppen und Länder, Partizipation durch Informationszugang, Sicherheit im Internet u.a. Nach dem Vorbereitungstreffen in Paris vom 15. bis 18 Juli 2003 treten auch die Auslassungen auf dieser Agenda deutlich zu Tage.
Pressemitteilung als PDF-DateiWSIS im Internet

Zur Handhabung des Datenschutzes im WSIS- Prozess erklärt Sönke Hilbrans, Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD): „Aus der Sicht der beteiligten Regierungen ist das Menschenrecht auf Datenschutz in einer globalen Informationsgesellschaft offenbar weiterhin nur  Verfügungsmasse. Der Proklamation einer zukünftigen globalen Kultur von „Security“ im Internet und der Bekämpfung von „Cyber Crime“ wird ein prominenter Platz eingeräumt. Ebenso wird ernsthaft über die angeblichen Gefahren eines freien Informationszugangs, die potentielle Bedrohung internationaler Stabilität und nationaler Sicherheit durch die weltweite Nutzung des Internets und das Ziel einer „sicheren“ Informationsgesellschaft diskutiert. Sicherheitsaspekte werden auf dem Stand der bisherigen Beratungen als grundlegende Funktionsmerkmale in die zukünftige Ordnung der Informationsgesellschaft eingeschrieben und zur Pflichtaufgabe aller internationalen, staatlichen und nicht-staatlichen Akteure. Das Recht auf Privatsphäre bleibt in diesem Umfeld hingegen trotz seiner überragenden Bedeutung ohne ein eigenes Kapitel, ohne ersichtliches Konzept und damit eine theoretische Größe ohne Gewicht – ein Versäumnis, mit dem kommerzielle Interessen im WSIS-Prozess selbstredend nicht zu kämpfen haben.

Datenschutz ist eine zentrale Funktionsbedingung einer weltweiten Informationsgesellschaft. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz fordert daher die ausdrückliche Anerkennung des Rechts auf Achtung der Privatsphäre durch den World Summit. Dazu gehören die Freiheit elektronischer Kommunikation von staatlicher Überwachung, Reglementierung und Vorratsdatenspeicherung und der Schutz vor unbeschränkter Auswertung des Kommunikationsverhaltens zur Befriedigung kommerzieller Interessen.

An den bisherigen Versäumnissen ändern auch die obligatorischen Hinweise auf eine notwendige Ausbalancierung von Regulierung und Sicherheit mit Datenschutz, Meinungs- und Informationsfreiheit nichts, so lange weder effektive Mindeststandards greifbar werden, noch die Betroffenen institutionelle Berücksichtigung finden. Die bisher zaghafte Einbeziehung von Nicht- Regierungsorganisationen in den offiziellen WSIS-Prozess kann die demokratische Verfassung einer zukünftige Informationsgesellschaft nicht ersetzen, aber die Gewichtungen stärker auf die Belange der Betroffenen richten. Wenn der Weltgipfel nicht zu fachlich, politisch und menschenrechtlich zukunftsweisenden Ergebnissen kommt, wird er eine globale Informationsgesellschaft nicht fördern und sich gegenüber den tatsächlichen Akteuren, den NutzerInnen des Internets, disqualifizieren.“