Einen skandalösen Datenschutzvorfall ganz besonderer Art hat derzeit die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die gesetzliche Vertretung aller Kassenzahnärzte, zu verantworten: In ganzseitigen Anzeigen wendet sich die KZBV mit der Parole „Wir finden, Datenschutz ist genauso wichtig“ an die Öffentlichkeit. Sie protestiert damit gegen die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, eine neue Gesundheitschipkarte einzuführen. Sie behauptet: „Ihre kompletten Gesundheitsdaten sollen auf einer Karte erfasst werden“ und unterstellt, dadurch würden die Menschen zu „gläsernen Patienten“.
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Dazu erklärt der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, Dr. Thilo Weichert: „Die Wahrung des Patientegeheimnisses ist absolut wichtig. Die KZBV missbraucht aber den Datenschutz zur Durchsetzung zahnärztlicher Standesinteressen. Wider besseres Wissen werden die Planungen für mehr Transparenz im Gesundheitswesen falsch dargestellt und unbegründet Angst geschürt. Und diese Desinformation wird letztlich von den Kassenbeiträgen der Patienten finanziert. Wer im Glashaus sitzt – und dies tun viele Zahnärzte, was den Datenschutz in deren Praxis angeht – sollte nicht mit Steinen werfen. Nie war geplant, sämtliche Patientendaten auf eine Chipkarte zu speichern. Wohl ist geplant, mit dieser Chipkarte das Verordnungsverhalten transparenter zu machen.
Derartiges kann nur im Interesse der Patienten sein. Es ist traurig, dass die KZBV sich mit ihrer irrationalen Kampagne als Gesprächspartner für eine datenschutzgerechte Gestaltung der Telematik im Gesundheitswesen disqualifiziert. Eine neue chipbasierte Gesundheitskarte muss nicht Missbrauch, sondern kann bei richtiger Gestaltung eben gerade mehr Datensicherheit zur Folge haben.
Die „Datenschützer“, auf die sich die KZBV bezieht, lassen sich jedenfalls nicht vor den Lobby-Karren der Zahnärzte spannen. Den Zahnärzten geht es „um die Substanz“. Damit scheinen sie aber weniger den Datenschutz oder die Patienteninteressen im Blick zu haben als die eigenen Bankkonten.