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Datenschutzvereinigung fordert verlässliche Gütesiegel bei Gesundheitsanwendungen

Anlässlich der Verleihung des BigBrotherAward 2021 am 11. Juni in der Kategorie „Gesundheit“ an den ärztlichen Terminvereinbarungsservice von Doctolib fordert die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) eine umgehende Realisierung verlässlicher Datenschutzgütesiegel für Gesundheitsanwendungen. Das DVD-Vorstandsmitglied Thilo Weichert hat in seiner Laudatio wie in einem parallel dazu veröffentlichten Gutachten dargelegt, dass das Serviceangebot von Doctolib gegen grundlegende Datenschutzprinzipien – namentlich Erforderlichkeit, Zweckbindung und Transparenz – verstößt und dass durch dessen Einsatz Ärzte gegen ihre berufliche Schweigepflicht verstoßen. Zigtausende Ärztinnen und Ärzte nehmen das Terminvermittlungsangebot in Anspruch im falschen Vertrauen auf das Versprechen Doctolibs alle Gesetze zu beachten und im Vertrauen auf die die Rechtsmäßigkeit bestätigenden Gütesiegel.
Pressemitteilung als PDF-DateiBigBrotherAward-LaudatioGutachten des Netzwerk Datenschutzexpertise

Hierzu erklärt der DVD-Vorsitzende Frank Spaeing: „Das Digitalisierungsangebot von Doctolib ist kein Einzelfall. Die Laudatio und das Gutachten von Weichert zeigen, dass Ärzten digitale Anwendungen angedient werden, die das Vertrauensverhältnis zu ihren Patientinnen und Patienten massiv beeinträchtigen. Der Ärzteschaft stehen keine Instrumente zur Verfügung, um die Zuverlässigkeit und Rechtmäßigkeit von durch sie genutzten Digitalangeboten glaubwürdig bestätigt zu bekommen. Der Ärzteschaft selbst fehlt zumeist die fachliche Kompetenz in Sachen Datenschutz. Der Fall Doctolib zeigt, dass es den derzeit angebotenen Gütesiegeln an Nachvollziehbarkeit, Transparenz, Unabhängigkeit und Qualität mangelt. Das Bundesgesundheitsministerium sollte in Kooperation mit der Konferenz der deutschen Datenschutzbeauftragten Kriterien für Digitalangebote bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten definieren, die als verlässlicher Beurteilungsrahmen solcher Angebote herangezogen werden können.“
Der stellvertretende Vorsitzende der DVD, Werner Hülsmann, ergänzt: „Wir haben in der neuen Datenschutz-Grundverordnung einen rechtlichen Rahmen für unabhängige, transparente und rechtskonforme Zertifizierungen. Es ist dringend an der Zeit, diesen Rahmen mit Leben zu füllen, um sicherzustellen, dass digitale Gesundheitsanwendungen den hohen Ansprüchen des Datenschutzes und des Medizinrechts genügen. Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass der Staat die Bedingungen dafür schafft, dass digitale Gesundheitsdienstleistungen die nötige Qualität und Vertraulichkeit aufweisen. Dies gilt sowohl für direkte Services des Staates, etwa bei der Impfterminvermittlung, die in Berlin durch die beim BBA prämierte Firma Doctolib durchgeführt wird, wie auch für entsprechende Services durch nichtstaatliche medizinische Leistungserbringer.“