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DVD-PM: Offener Brief zur EU-Agenda für digitale Sicherheit

Die „Going Dark“-Expertengruppe hat ihren Abschlussbericht vorgelegt und empfiehlt den maximalen Zugang zu personenbezogenen Daten für Strafverfolgungsbehörden in Europa. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz warnt in einem von EDRi initiierten und von einem breiten Bündnis von NGO mitgezeichneten offenen Brief vor den Gefahren für die digitale Sicherheit und die Privatsphäre, wenn der im Abschlussbericht beschriebenen Agenda gefolgt wird.
Pressemitteilung als PDF-Datei

Die „Going Dark“-Expertengruppe schlägt Maßnahmen vor, die bisher von Experten und Gerichten gleichermaßen abgelehnt wurden. Drei Hauptpunkte sind besonders besorgniserregend:

  • Der so genannte „lawful access by design“ beschreibt einen neuen Versuch, Hintertüren (Backdoors) flächendeckend in Technologien einzubauen. Dieses würde die Sicherheit und Vertraulichkeit der gesamten elektronischen Kommunikation und Daten gefährden. Außerdem würde dies einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Menschen in der EU darstellen.
  • Vorratsdatenspeicherung: Die „Going Dark“-Expertengruppe schlägt vor, die Vorratsdatenspeicherung auf praktisch alle Internetdienste auszudehnen, mit EU-weit harmonisierten Regeln, einschließlich der Vorratsdatenspeicherung für das Internet der Dinge.
  • Die Verschlüsselung soll mit rechtlichen und technischen Mitteln ausgehebelt werden, damit die Strafverfolgungsbehörden auf verschlüsselte Daten zugreifen können. Die „Going Dark“-Expertengruppe schlägt vor den Dienstanbietern die unmögliche Aufgabe, Zugang zu verschlüsselten Daten im Klartext zu gewähren ohne die Sicherheit zu gefährden, zu stellen. Dies würde die Verschlüsselung und die Cybersicherheit untergraben und die Verantwortung auf die Diensteanbieter abwälzen.

Der Abschlussbericht folgt auf einen früheren Vorschlag mit 42 Empfehlungen der „Going Dark“-Expertengruppe, der von Experten – u.a. aus dem EDRi-Netzwerk – heftig kritisiert wurde (1). Der Europäische Datenschutzausschuss warnte (2), dass die Forderungen der „Going Dark“-Expertengruppe an die Diensteanbieter widersprüchlich seien, da es nicht möglich sei, Zugang zu Überwachungszwecken zu gewähren und gleichzeitig die Sicherheit der digitalen Systeme zu schützen.

Dazu Frank Spaeing, Vorsitzender der DVD: „Anstelle auf diese Überwachungsphantasien sollte der Fokus auf die Stärkung eines digitalen Ökosystems diversifizierter, sicherer und vertrauenswürdiger Lösungen gesetzt werden, damit die Menschen in der EU durch die Technologie gestärkt werden können, anstatt sie zu gefährden. Es besteht real keine technische Möglichkeit, das Versprechen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu brechen, ohne die Sicherheit der Kommunikationssysteme zu schwächen.“

DVD-Vorstandsmitglied Thilo Weichert ergänzt: „Eine Analyse des Forschungsdienstes des Europäischen Parlaments zeigte keine messbaren Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung auf die Kriminalitätsrate oder die Aufklärungsquote in EU- Mitgliedstaaten, die die Vorratsdatenspeicherung nutzen. Die Vorratsdatenspeicherung ist grundsätzlich abzulehnen.“

Fußnoten:

(1) https://edri.org/our-work/high-level-group-going-dark-outcome-a-mission-failure/
(2) https://www.edpb.europa.eu/system/files/2024-11/edpb_statement_20241104_ontherecommendationsofthehlg_en.pdf

Quellen:

Der offene Brief ist in der deutschen Übersetzung unter der URL
https://www.datenschutzverein.de/wp-content/uploads/2024/12/OffenerBrief-GoingDark.pdf
sowie im englischen Original unter der URL
https://www.datenschutzverein.de/wp-content/uploads/2024/12/Open_Letter_on_HLG_Access_to_Data_for_Effective_Law_Enforcement_Recommendations.pdf
abrufbar, die Themenseite von EDRi findet sich unter der URL
https://edri.org/our-work/shedding-light-we-address-the-flawed-going-dark-report.